Was heute, zumindest für den Großteil der Menschen, eine Selbstverständlichkeit ist, war lange Zeit überhaupt nicht möglich: Eine gute Sicht, trotz eingeschränkter Sehkraft. Brillen, bzw. Brillengläser zählen, ohne eine genaue Rangliste anführen zu wollen, zweifelsohne mit zu den wichtigsten Erfindungen bzw. Entdeckungen der Menschheitsgeschichte und haben sich in den vergangenen Jahrhunderten immens weiterentwickelt.
Wie und wann nahm die Brille ihren Anfang und wie ist es dazu gekommen, dass Brillen heute nicht mehr nur Sehhilfen sind, sondern häufig auch beliebte modische Accessoires?
Frühe Vordenker und Vorläufer der Brille
Laut dem griechischen Philosophen Chrysipos soll sein gleichsam bekannter Zeitgenosse, der Mathematiker Archimedes, bereits die Brechungsgesetze von Linsen untersucht und, um seine Fehlsichtigkeit zu korrigieren, einen (wie auch immer) an seinem Kopf befestigten Kristall getragen haben. Zwar lässt sich das weder beweisen noch gibt es keine bekannten Nachahmungen dieser Entdeckung, allerdings ist es eine gute Geschichte. Als gesichert gilt aber folgendes, aus der Feder des römischen Philosophen Seneca der Jüngere stammende Zitat aus dem 1. Jahrhundert nach Christus: „Kleine und undeutliche Buchstaben erscheinen schärfer und größer, wenn man sie durch eine mit Wasser gefüllte Kugel betrachtet.“
Der nächste historisch belegte Hinweis auf die Möglichkeit, Fehlsichtigkeit durch die Hilfe von Linsen zu korrigieren bzw. zu verbessern findet sich erst rund 1000 Jahre später in den Schriften des arabischen Gelehrten Ibn al-Heitam (latinisiert Avenetan oder Alhazen), der ca. 965 – 1040 nach Christus lebte und dessen Werk „Schatz der Optik“ um das Jahr 1240 ins Lateinische übersetzt wurde. Zunächst war dieses Werk, welches hauptsächlich von der vergrößernden Wirkung einer Glaskugel handelt, in Klosterbibliotheken erhältlich und inspirierte offensichtlich die dort lebenden Mönche. Eine weitere Erwähnung, die einen Hinweis auf die Entwicklungsgeschichte der Brille liefert, findet sich zudem im Werk „Die goldene Schmiede“ des mittelhochdeutschen Dichters Konrad von Würzburg. Dieser starb 1287 und schrieb in besagtem Werk: „Er [der Kristall] hat in sich die große und gewaltige Art, […] sofern ihn jemand dünn schliffe und auf die Schrift halten wollte, der sähe durch ihn die kleinen Buchstaben größer scheinen.“
Die Erfindung der Brille
Der exakte Erfinder der „Ur-Brille“ ist zwar unbekannt, was als sicher gilt ist allerdings, dass er zwischen 1270 und 1290 gelebt haben muss und höchstwahrscheinlich ein italienischer Mönch war.
Aus den Erkenntnissen von Ibn al-Heitam, Konrad von Würzburg und möglicherweise anderen, entwickelten italienische Mönche in der Gegend von Norditalien den ersten Lesestein in Form eines Bergkristalls aus Quarz. Eine solche halbkugelförmige Linse ermöglichte es auch sehschwachen Mönchen weiterhin zu lesen, auch wenn von einer Korrektur der Weit- oder Kurzsichtigkeit da noch nicht zu reden war. Dennoch bedeutete diese Erfindung eine enorme Verbesserung der Lebensqualität. Aus dieser Zeit geht zumindest der heutige Name von Brillen hervor, denn der Bergkristall, der hier Verwendung fand, wird als „Beryll“, Mehrzahl „Berylle“ bezeichnet.
Heute geht man davon aus, dass Brillen, wie sie heute genutzt werden, im 13. Jahrhundert in den Glashütten von Murano, einer kleinen Insel bei Venedig erfunden wurden. Damals war Murano in der Welt einzigartig, nur dort waren die Glashütten technisch dazu in der Lage, das benötigte weiße Glas herzustellen, das für Brillengläser unabdingbar ist. Spätestens Ende des 13. Jahrhunderts lässt sich die Brille in ihrer heutigen Form wiederfinden. Zwei geschliffene konvexe Linsen wurden in je einen hölzernen Ring mit Stiel eingefasst und beide Teile anschließend mit einer Niete miteinander verbunden. Lange Zeit galten Brillen allerdings als Statussymbol, gewöhnliche Menschen konnten sich kaum eine solche Sehhilfe leisten.
Von der Sehhilfe zum Modeaccessoire
Moderne Ohrenbrillen haben sich in der breiten Masse ab etwa 1850 durchgesetzt. Im Laufe der Zeit sind Brillen zum einen immer komfortabler und günstiger geworden, zum anderen hat sich auch die Kunst des Glasschliffs deutlich verbessert, sodass heute auch starke Fehlsichtigkeiten mit entsprechender Stärke korrigiert werden können. Darüber hinaus gibt es selbstverständlich auch Sonnenbrillen, die die Augen vor schädlichen UV-Strahlen schützen, sowie zahlreiche Spezialbrillen, etwa Arbeitsbrillen, Blaufilterbrillen, Sport- und Schießbrillen, Sicherheitsbrillen oder solche, die die Farbwahrnehmung bei Farbenblinden verbessern.
Eine angeborene Sehschwäche, schwindende Sehkraft im Alter oder auch spezifische Anwendungsfälle sind zudem schon seit geraumer Zeit nicht mehr der einzige Grund dafür, dass Menschen Brillen tragen. Längst sind Brillen zu einem modischen Accessoire geworden, bei dem Gläser ohne Sehstärke, sogenannte Plangläser, für den Durchblick sorgen. Hier erübrigt sich also die Frage, welche Brille man braucht, wichtige ist die Frage: Welche Brille passt zu mir? Ob eckig oder rund, schmal oder oval – je nach Gesichtsform kann eine Brille das Gesicht optimal betonen.
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